Heute möchte ich mit Euch ein paar Gedanken zum Thema Charakter teilen. Dazu werde ich Euch eine sehr gute Strategie vorstellen, die einem hilft, seinen Charakterschwächen `auf die Schliche´ zu kommen und sie idealweise auch zu überwinden.
Motivation zur Weiterentwicklung
Doch warum sollte man überhaupt an sich und seinem Charakter arbeiten?Zuerst sei gesagt, dass für einen Muslim das ständige Arbeiten an sich und seinem Charakter zu eines der obersten Zielen gehören sollte. Zumindest, wenn er sich den Propheten Mohammed (Friede und Segen seien auf ihm) zum Vorbild nimmt. Denn dieser war uns das beste Beispiel, der entsandt wurde, „(…) um Charakter und Benehmen (der Menschen) vollkommen zu machen.“ (Aussage des Propheten, überliefert durch Imam Malik)
Passend dazu wird auch folgendes überliefert:
Allahs Gesandter gebrauchte niemals unanständige Worte und (tat) niemals etwas Unanständiges, und er pflegte zu sagen: „Am besten von euch sind (die mit dem besten) Benehmen.“
Hadith, überliefert von Buchari und Muslim
Gemäß eines anderen Hadith unseres geliebten Propheten (s.a.s.), wird demjenigen, der seine `Wesensart´, sprich, seinen Charakter verbessert, eine besondere Stellung im Paradies versprochen!

Wegen diesen und anderen Aussagen ist es offensichtlich, wie ein guter Charakter mit dem Glauben verknüpft ist: Durch das Nacheifern unseres Vorbildes (Prophet Mohammed s.a.s.) und somit dem Bemühen, seinen Charakter zu verbessern, kommen wir gleichzeitig auch unserem Schöpfer näher.
Sprich: „Wenn ihr Allah liebt, so folgt mir. Lieben wird euch Allah und euch eure Sünden vergeben; denn Allah ist Allvergebend, Barmherzig.“
Koran, 3:31
Self-Development als Trend
Aber auch die Nicht- Muslime haben in letzter Zeit vermehrt den Begriff „Self-Development“ für sich entdeckt. Nirgendwo in den Social Media kommt man an ihren Kursen dran vorbei! Zumindest muss man darüber scrollen, und oftmals ist auch ein interessantes Webinar dabei, so dass man sogar hängen bleibt. Ja, man kann sagen, es wimmelt im Internet nur so von Self-Development Kursen! Und so kann man unheimlich viel von ihnen lernen (Alhamdulillah)!

Selbsterkenntnis als Weg zur Besserung
Nun rück´schon raus mit der Strategie! Höre ich mich innerlich sagen. Also gut! Darauf gestoßen bin ich in meinem Islamic Psychology- Studium. Es handelt sich um eine geschickt ausklamüserte Fragestellung aus der „Narrative Therapy„. Im Prinzip geht es darum, das Problem bzw. die charakterliche Schwachstelle von sich selbst zu lösen, damit man nicht das Problem „ist“, sondern nur mit einem Problem „zu tun hat“! Dadurch kommt man zu wichtigen Erkenntnissen, die einem bewusst machen: Hey, wieso lasse ich es eigentlich zu, dass diese Art mich so dominieren kann!?“ Durch die „Miracle-Frage“ am Ende werden einem dann noch die Schritte bewusst, die notwendig sind, um diese Charakterschwäche zu überwinden.
Es gibt in dieser Methode 2 Fragerunden, welche ihr idealerweise ehrlich für euch selbst beantwortet. Lasst´ Euch einfach darauf ein (wenn Ihr wollt) und schreibt mit gerne Eure Ergebnisse bzw. Eindrücke!
Los geht´s!
1.Schritt: „Dein Problem“ analysieren
Wähle eine Eigenschaft in Form eines Adjektives aus, die `typisch´für Dich ist und die dich irgendwie `nervt´! Sei es „ängstlich“, „aufbrausend“, „chaotisch“, „eifersüchtig“, „enttäuscht“, oder eine andere. Setze es an die Stelle wo das „x“ steht ein.
- Wie wurdest Du X?
- Wie zeigt es sich am stärksten?
- Wenn Du X bist, was tust Du anders, als wenn Du NICHT X wärest?
- Welche Konsequenzen hat das `X– sein´ auf Dein Leben und Deine Beziehungen, wie spiegelt es sich dort wieder?
- Welche Deiner derzeitigen Probleme entstehen dadurch?
- Wie ist Dein Selbst-Bild, wenn Du X bist?
- Wenn ein Wunder geschehen würde und du eines morgens aufwachen würdest, OHNE X zu sein… Wie genau würde dein Leben dann aussehen? (An dieser Stelle schreibe ruhig mal einen Tagesablauf oder eine ganze Situation auf, ohne X zu sein- wie würde das aussehen? Wie sind die Reaktionen der Anderen? Wie fühlst Du dich dabei?)
2. Schritt: Externalisieren des Problems!
In diesem Schritt kommen wir nun zum Kern des Ganzen: wir wollen das Problem nicht mehr als `Teil von uns´ sehen, sondern als eine „Herausforderung, der wir gegenüber stehen“! Mache dazu folgende Schritte:
Lass´das soeben Geschriebene hinter Dir. Nimm die gleiche Eigenschaft/Adjektiv und verwandle es in ein Nominativ. Aus „ärgerlich“ wird demnach „Ärger“, aus „eifersüchtig“ wird „Eifersucht“, etc. Diesesmal setzt Du dieses Nominativ einfach dort ein, wo ein Y steht.
- Was hat Dich so verletzlich gemacht für Y, so dass es Dein Leben bestimmen konnte?
- In welchen Situationen nimmt Y üblicherweise die Überhand (dominiert es)?
- Welche Dinge passieren dann, wenn Y die Überhand hat?
- Was hat Y bei Dir bewirkt, entgegen Deinem Verstand?
- Welche Auswirkung hat das Y auf Dein Leben und Deine Beziehungen?
- Wie hat Dich Y in die derzeitigen Schwierigkeiten gebracht?
- Macht Dich Y blind gegenüber deinen Stärken, oder kannst Du sie trotzdem erkennen?
- Gab es Zeiten, in denen Du in der Lage warst, das Beste aus Y zu machen? Zeiten, in denen Y hätte Überhand nehmen können, Du jedoch darüber gestanden hast?
3. Miracle- Question: Was wäre, wenn?
Nun kommen wir zur letzten Frage, die „Wunder-Frage“: Stell Dir vor (oder schreib´es am besten auf), wie ein Tag OHNE dass Y dich dominiert, aussehen würde! Nachdem Du einen Tag beschrieben hast, analysiere: Was ist an diesem Tag anders gelaufen? Was hast DU anders gemacht? Stelle es Dir so bildlich und ausführlich wie möglich vor, und denke darüber nach, was Du davon in Dein jetziges Leben implementieren kannst!
Du hast es geschafft!
Super! Du hast es geschafft, aus DEINEM Problem etwas Unabhängiges von Dir zu machen- etwas, was Dir NICHT eigen ist, also auch keine „Eigen- schaft“, wenn man es genauer nimmt!
Ich hoffe, dieses kleine Experiment hilft Dir, wieder mehr Power über dich zu kriegen und zu handeln, wie Du auch wirklich sein MÖCHTEST! Schließlich ist Selbst- Erkenntnis (Das Problem gehört NICHT zu mir!) der erste Schritt zur Besserung, in shaa Allah 🙂

Wie geht´s weiter?
Wenn immer Du in Zukunft in eine dieser „üblichen“ Situationen kommst, halt einmal inne, sage : „A´udhu biLlah minna Shaytanir-Radscheem“ (Ich suche Zuflucht vor dem verfluchten Schaytan) (für Muslime).
Dann sage dir (für alle): dieses Y gehört nicht zu mir! Oder noch besser positiv formuliert: Ich möchte sein, wie ich es liebe, nämlich „Z“ !!! (Dazu suche dir die Gegensätzliche Charakterart aus, die du dir wünscht zu sein)
Ganz egal, welchem Glauben man angehört, es lohnt sich auf jedenfall und in jeder Hinsicht, an sich zu arbeiten! Nimm´Dir die Zeit für Dich 😉

Ich warte auf Eure Rückmeldung 🙂
Eure Khalisa