Die Sache mit den Prüfungen

Nun ist es schon wieder so weit: ein weiteres Semester ist überstanden! Aber noch besser: der Semesterliche End-Stress mitsamt den abenteuerlichen Prüfungszentren ist überlebt, alhamduliLlah!

Vielleicht wunderst du dich nun, warum das alles so aufregend sein soll!? Nun ja, fangen wir mal an mit der Aufzählung… [Vorab sei noch geklärt: die Tatsache, dass es sich um ein Online Studium handelt und dazu noch in muslimischer Hand ist, tut vielleicht auch ihr Übriges]

Bei einem Online-Studium…

  • hat man zwar den Vorteil, gemütlich von Zuhause aus zu lernen,
  • und vor allem: dann zu lernen, wann man auch Zeit hat- und sei es Nachts;
  • man hat allerdings auch den Nachteil, dass wirklich ALLES dazwischen kommt: egal, ob sich Besuch anmeldet, Kinder nicht schlafen wollen, Krankheit, etc.- das Studium muss immer warten. Ist ja schließlich „nur“ online!
  • Ständig muss man sich besonders als Mutter dann etwas Zeit „frei boxen“ und darum „kämpfen“, auch ernst genommen zu werden (nein, jetzt muss ich wirklich lernen!).

Kurz vor den Prüfungen…

  • Kannst du dir sicher sein, dass die Dinge, die sich vorher schon zwischen deine Lernzeit geschoben haben, sich nun verdoppeln oder gar verdreifachen!
  • Der Lerndruck steigt parallel mit den Ablenkungsmanövern deiner Umgebung.
  • Weißt du irgendwann nicht mehr, wie es weiter gehen soll.
  • Stehst du kurz vor der Aufgabe…
  • …wären da nicht die ein, zwei wichtigen Menschen in deinem Leben, die noch an deine Fähigkeit glauben und dich motivieren, dir förmlich in den A*** treten.
  • Spätestens 2 Tage vor den Prüfungen hörst du aufeinmal auf, Zeichen der Müdigkeit und andere Störfaktoren wichtig zu nehmen, damit du noch deine Module schaffst.
  • Kaffee wird zu deinem besten Freund, wobei er auch eher müde macht als wach. Egal. Weiter lernen!

Am Tag der Prüfungen… 

  • Steigst du bammelnd ins Auto, nachdem du nach größter Anstrengung deine Kinder in die Arme der Großmutter gebracht hast. Auf zum Prüfungszentrum.
  • Bist du nicht mehr du selbst, sondern ein wandelndes Etwas, ein Rauchender Kopf.
  • Denkst du, du hättest alles vergessen.
  • Redest du dir ein: „Quastsch, ich kann das! Ich kann das! Ich …“
  • Hoffst du, dass die Leute vom Prüfungszentrum auch wirklich pünktlich dort sind, dass deren Internet funktioniert und die Studium-Seite nicht zusammen bricht, da auch der Großteil der anderen Studenten die Gunst der letzten Prüfungsstunden nutzt, um ihre Prüfungen zu absolvieren.
  • Öffnest du endlich dein Laptop, wartest, dass vom Prüfer das Password eingegeben wird.
  • Augen zu und… durch! Bismillah!
  • Nach den ersten Multiple Choice Fragen beginnt dein Herz zu hüpfen. Doch nicht so schwer!
  • Das ändert sich schlagartig, wenn eine dieser miesen Fangfragen auftritt: Was hat der und der NICHT gesagt? Hmm…
  • Oder eine dieser Fragen aufpoppt, die du letztens noch im Zwischentest nicht richtig beantwortet hattest, dich jedoch nur an die falsche Antwort erinnerst. Uff.
  • 49, 50. Geschafft! Jetzt nochmal alle Fragen kontrollieren- genügend Zeit ist noch da!
  • Am Ende siehst du dich selber auf „Submit“ klicken, schließt die Augen und… siehst direkt das Ergebnis!!! Ja, so schnell geht das! Und so schnell geht das auch, dass man wegen einer Handvoll Fehlern direkt nur noch 86% geschafft hat!
  • Trotzdem. Weiter geht´s. Einmal tief durchatmen und die nächste Prüfung machen. Schließlich möchtest du nicht noch einmal die Zeit der Prüfer beanspruchen und es endlich hinter dich bringen.
  • Und nun das ganze von vorne (je nachdem, wieviele Fächer du gewählt hast)…

Danach…

  • Bist du einfach nur noch froh, dass dieser Druck endlich von dir fällt!
  • Denkst du, du kannst jetzt mit all den Sachen durchstarten, die du dir für die Zeit nach den Prüfungen aufgeschoben hast.
  • Doch irgendwie fühlst du dich zwar leicht, aber auch extrem alle- einfach fertig!
  • Selbst Abends setzt du dich aus Gewohnheit an dein Laptop… und – jetzt noch einmal die Prüfungsfragen anschauen? Nach den richtigen Lösungen suchen? Oder doch lieber ewas surfen oder… einen Blogartikel schreiben?

Ja, so ergeht es mir regelmäßig in dieser Zeit. Nicht so prickelnd, oder? Und trotzdem möchte ich es nicht missen!!! Denn ich genieße es, Abends etwas für meine Weiterentwicklung zu tun, den Horizont zu erweitern, die Gehirnzellen aufzuwecken. Hey, nicht einschlafen- ich brauche euch noch (also die Gehirnzellen) 😉 Und auch, wenn ich zurzeit nicht Vollzeit studieren kann, ist es mir lieber, meine freie Zeit sinnvoll zu nutzen. Und irgendwann… ja, irgendwann werde ich in shaa Allah auch meinen Bachelor in der Hand halten und mich ins Arbeitsleben stürzen…oder gar an den Master- Allahu ahlem!

Dieses mal…

…Hatte ich übrigens eine kleine Odyssee mit den Prüfungszentern: Das erste, welches ich schon von früheren Prüfungen kannte, antwortete mir einfach nicht mehr. Die angegebene Telefonnummer war sogar nicht mehr gültig! Also musste gestern- einen Tag vor den Prüfungen- ein neues Zentrum her! Dies können in diesem kurzfristigen Zeitraum nur welche sein, die schon auf der Online-Uni angegeben sind. Meißtens Moscheen.

Ich musste also auf ein Prüfungszentrum zurückgreifen, welches ich vorher schon abgeschrieben hatte, da sie 50 Euro von mir haben wollten, damit ich die Prüfung bei ihnen machen könne. Das ist die Hälfte der gesamten Semester-Kosten. Nein danke! Aber vielleicht hatte ich nun keine andere Wahl?!?

Doch! Wenn auch ein paar Auto-Minuten weiter entfernt, fand ich noch eine Moschee, die sofort bereit war, mich bei meinen Prüfungen zu beaufsichtigen. Musste also nur noch die Uni informiert werden, damit sie denen die Passwörter rechtzeitig schicken! Bis Abends um 10, nein- eigentlich bis zum nächsten Morgen, bangte ich darum, ob es klappen würde.

Gott sei Dank begrüßte mich im Laufe des Morgens eine Email, die mir bestätigte, dass es klappen würde- alhamduliLlah!

In der Moschee angekommen, war ich beeindruckt von der Modernität der Einrichtung- besonders die Toiletten gefielen mir 😀 Aber auch im Frauenbereich schien es richtig lernfreudig zuzugehen: eine ganze Menge Tische und Stühle warteten dort auf mich.

Nach der ersten Prüfung (Ablauf siehe oben) nahm ich die 2.in Angriff. Davor wechselte ich jedoch von dem Gebetsraum in den Moschee-Laden,  da dieser eträglich warm war. Sogleich bekamen wir (mein Mann und ich) auch Marokkanische Gastfreundschaft zu spüren: von einer Sultan-Cola (mit Schwarzkümmelöl), über Oliven mit Brot, bis hin zum Marrokanischen Tee, war alles dabei! So ließ es sich toll geprüft werden! Dachte ich mir.

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Doch zu früh gefreut. Soeben hatte ich die letzte der 50 Fragen beantwortet und drückte auf „Submit“- da war die Sache am dampfen: Internet-Ausfall! Ja, richtig gehört!! Herzrasen hoch 3. Gut, dass ich noch über 40 Minuten Zeit gehabt hätte. Die Männer gingen gemütlich das Nachmittagsgebet beten und starteten das Internet einige Male neu. Nichts. Bis mein Mann auf die glorreiche Idee kam, einen Hotspot von meinem Handy auf mein Lappi zu schalten. Juhuu- das klappte!

Die Spannung steigt. Bismillah- und auf aktuallisieren geklickt. Augen zu und- oh wow- von den 47 Minuten hatte ich noch 7 übrig! Konnte also gemütlich auf „Submit“ klick… aber neiiiin- alle Fragen waren wieder offen! Nichts mehr beantwortete!!! Panisch versuchte ich, die 50 Fragen in den restlichen Minuten zu beantworten. Ein Wettkampf mit der Zeit! Der Überprüfer meinte schon, er kann an die Uni schreiben, damit ich die Prüfung nochmal machen könne. Nichts da- ich schaffe das!! Gerade bei Frage 43 angekommen, laufen jedoch die letzten Sekunden ab. Schluss-aus, vorbei. Und gemeiner Weise wurde auch sofort das Ergebnis angezeigt- natürlich mit den restlichen 8 Fragen rot und röter, weil unbeantwortet!

Bammelnd klickte ich auf die Kursübersicht- trotzdem hab ich den Kurs gerade so überstanden: 62 von erlaubten 60 Gesamtpunkten erreicht. Trotz einiger Abstriche, die ich in diesem Semester gemacht hatte! Okay, bestanden ist aber bestanden! Alhamdulillah! Und nochmal mache ich die Prüfung bestimmt nicht nochmal! Also lassen wir es dabei, bedanken uns mi einem kleinen Einkauf im Laden und fahren zurück, nach Hause.

So, nun habt ihr etwas an meinem Prüfungs-Alltag mitgekriegt. Die letzten Wellen der inneren Angespanntheit zeigen noch ihre Wirkung, indem sie mich nicht schlafen-, sondern für euch diesen Artikel schreiben lassen.

Korrigiert wird aber trotzdem erst morgen (in shaa Allah). Also seht von kleineren und gröberen Fehlern ab, ich bitte euch!

Liebe Grüße von einer erleichterten

Khalisa

6 Kommentare

      • Das ist mir schon klar, ich kann mir da nur gar keine Berührungspunkte vorstellen. Wenn man egal welche Religion vom psychologischen Standpunkt aus analysiert, bleibt da ja nicht viel übrig, oder?

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      • Es geht darum, zusätzlich zu den ’normalen‘ Theorien der Psychologie auch noch die Islamische Sichtweise zu genau diesen zu beleuchten. Nennt sich auch kuluturell sensible Psychologie.
        Einige Theorien vertreten Ansichten, die aus islamischer Sichtweise etwas anders gesehen werden. Andere widerum können durch die Islamische Sichtweise erweitert werden und sind somit perfekt für das muslimische Klientel. Diese nämlich wenden sich oftmals lieber an einen Imam, der aber garnicht Psychologisch ausgebildet ist.
        Hast du jetzt eine Ahnung bekommen?😊

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      • Gerne 🙂 Das Feld ist noch relativ unverbreitet. In Amerika gibt es immerhin schon muslimische Seelsorger als Beruf, in Maslaysien ist es auch weit entwickelt. Der Rest der Welt hinkt hinterher, obwohl der Bedarf da wäre 😊

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